Präsentation Unfallstudie für Sport- Freizeit- und Haushaltsunfälle Tirol
Unfallbilanz Tirol: Drei von vier Unfällen in Haushalt und Freizeit. 260 Millionen Euro jährlich für Behandlung im Krankenhaus. Unfallprävention senkt Leid und Kosten.
323 Personen sind im Vorjahr bei Unfällen in Tirol getötet worden. Dazu kommen noch 81.200 Verletzte und Unfallfolgekosten von 2,4 Milliarden Euro. Vor allem zu Hause und bei älteren Menschen steigt die Zahl der Unfälle. Als indirekte Folge der COVID-19 Beschränkungen sind auch Bergsport- und E-Bike-Unfälle häufiger geworden. Eine Studie des Vereins Sicheres Tirol, durchgeführt vom KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit), zeigt, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Der Verein Sicheres Tirol geht in Tirol, unterstützt durch das Land, österreichweit als Vorzeigebeispiel voran, wenn es um die Prävention bei Freizeit- und Haushaltsunfällen geht.
Tirol, 11. Dezember 2023. 2022 verletzten sich in Tirol 81.200 Personen so schwer, dass sie im Krankenhaus ambulant oder stationär behandelt werden mussten (2021: 80.000). Haushaltsunfälle (38%) verursachten die meisten Verletzten, gefolgt von den Bereichen Freizeit/Sport (36%), Arbeit/Schule (13%) und Verkehr (13%). „Während diese Zahlen etwa den Verhältnissen in Österreich entsprechen, ist der Anteil der Sportunfälle in Tirol (29%) naturgemäß höher als der Österreichschnitt (22%)“, sagt KFV-Experte Mag. Martin Pfanner. Die Liste der Top-5 Sportarten, die fast 70 Prozent aller 23.200 Sportunfälle umfassen, wird von Fußball angeführt (4.400). Dann folgen Alpinskifahren (3.900) und „Wandern, Klettern, Abenteuer“ (2.700).
2,4 Mrd. Euro Unfallfolgekosten
Abgesehen vom menschlichen Leid ergibt sich durch jeden Unfall ein wirtschaftlicher Schaden: Die Kosten aller 70.600 „Nicht-Arbeitsunfälle“, die 2023 in einem Tiroler Krankenhaus behandelt wurden, werden mit 2,4 Milliarden Euro beziffert – 261 Millionen Euro davon entfallen auf die medizinische Behandlung der Verletzten im Krankenhaus. „Das entspricht einem Durchschnitt von 3.700 Euro pro Unfall, wobei stationäre Unfallbehandlungen mit 12.600 Euro pro Unfall besonders teuer sind,“ erklärt Mag. Pfanner. Die weiteren Kosten entfallen auf Rettungseinsätze, Krankenstände, Unfallinvalidität und Verwaltungsaufwand.
Anstieg der Unfalltoten im Bereich Freizeit/Sport/Haushalt – politische Zuständigkeiten unklar
Trotz eines Anteils von ca. 75 Prozent am Unfallgeschehen, gibt es für Haushalt- und Freizeitunfälle – anders als für die Sicherheit am Arbeitsplatz und auf der Straße – keine klare staatliche Zuständigkeit. „Beim Verkehr habe man das Problem vor allem durch Gesetze und Regulierungen in den Griff bekommen“, konstatiert Dr. Karl Mark, Präsident des Vereins Sicheres Tirol. Das zeigt sich bei den Zahlen zu den tödlichen Unfällen: „In Tirol starben vor 15 Jahren noch 71 Menschen im Straßenverkehr, 2022 lag diese Zahl bei 29 Verkehrstoten. Hingegen ist die Anzahl tödlicher Unfälle abseits des Straßenverkehrs von 145 im Jahr 2016 kontinuierlich auf 294 im Jahr 2022 angestiegen.“
Der Verein Sicheres Tirol hat es sich daher zum Ziel gemacht, Maßnahmen zur Unfallprävention im Hinblick auf Haushalt- und Freizeitunfälle zu setzen. „Kontrollen, strenge Normierungen und dergleichen können in diesen Bereichen nicht greifen, wie es beispielsweise im Verkehr und bei der Arbeit der Fall ist. Wir setzen daher auf Bewusstseinsbildung und Informationsweitergabe und sind froh, bei der Sicherheitslandesrätin dazu auf offene Ohren zu stoßen. Denn gemeinsam können wir bestmöglich zielführende Projekte umsetzen“, so Dr. Mark.
Modell Sicheres Tirol
„Tirol ist ein sicheres Land. Umso wichtiger ist es, Verbesserungspotenziale in der Unfallprävention zu erkennen und zu nutzen“, betont Sicherheitslandesrätin Astrid Mair. Und weiter: „Wenn es gelingt,
durch Prävention 1.000 stationäre Unfallbehandlungen pro Jahr dauerhaft zu vermeiden, bedeutet das eine jährliche Einsparung von über 10 Millionen Euro.“ Rund 70 Prozent dieser Ersparnis würden dem Land zugutekommen. Ein doppelter Gewinn für alle Tirolerinnen und Tiroler sowie die Gäste im Land.
„Das Land Tirol unterstützt daher bereits seit seiner Gründung vor 20 Jahren die Arbeit des Vereins Sicheres Tirol. Tirol ist damit neben Vorarlberg das einzige Bundesland in Österreich, das konkret und
verlässlich Mittel für Unfallprävention in Haushalt, Freizeit und Sport bereitstellt“, so Sicherheitslandesrätin Mair.
Post Covid-19 Unfalltrend
Ohne intensivierte Unfallprävention werden sowohl die bereits vor COVID-19 ansteigenden Trends sich weiter fortsetzen als auch die während der COVID-19-Zeit verstärkten Trends bleiben. Diese betrifft laut Unfallbilanz Tirol 2022 vor allem:
- 800 Unfälle älterer Menschen (65plus): Anstieg bei Verletzten seit 2018 um 6%, Anstieg bei den Unfalltoten von 163 auf 225.
- 200 Radfahrunfälle (im Straßenverkehr und in der Freizeit): Anstieg um 7% seit 2018, wobei der Anteil der E-Bikes von 16% auf über 30% stieg.
- 700 Wanderunfälle: Anstieg seit 2018 um über 20%.
- 100 Unfälle mit (E-)Scootern (Straßenverkehr und Freizeit): Vervielfachung seit 2018.
Haushaltsunfälle – banale Ursachen, schwerwiegende Folgen
Vor allem bei Menschen in der Altersgruppe 65plus steigt die Zahl der Haushaltsunfälle aufgrund der demographischen Entwicklung stetig an. Häufig sind es „klassische Stolperfallen“, die zu einem Sturz führen, wie etwa hochstehende Teppichkanten, lose Kabel oder ein fehlendes Nachtlicht. Bei älteren Menschen kann ein Sturz aber bedeuten, dass sie nicht mehr zu Hause leben können, in Betreuung müssen und sich ihr ganzes Leben verkompliziert. Ein einfacher Sicherheitscheck und das Nachrüsten der Wohnung mit günstigen digitalen Präventionsmaßnahmen im Haushalt sind wirksam, aber noch wenig verbreitet.
Wege zur Prävention
Die vorliegende Bilanz zeigt die Unfallschwerpunkte und -Trends auf, und weist gleichzeitig auf das Wesentliche hin: Wege zur Prävention und Unfallvermeidung. „Gemeinsam mit bewährten Partnern in der Unfallvermeidung und der Unterstützung des Landes setzen wir uns zum Ziel, diese prognostizierte steigende Kurve nach oben zu stoppen – nach dem Motto: Jeder Unfall ist einer zu viel“, so Dr. Mark.
Statement Landesrätin Astrid Mair
Zuständig für Sicherheit, ArbeitnehmerInnen, Generationen sowie Zivil- und Katastrophenschutz
Tirol ist ein sicheres Land – Verbesserungspotenzial gibt es jedoch immer. Denn: Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel. Ich danke dem Verein Sicheres Tirol sowie allen Autorinnen und Autoren für die wichtige Initiative und die Ausarbeitung der vorliegenden Studie. Sie alle leisten einen wertvollen Beitrag im Dienste der Sicherheit.
Eine übersehene Treppenstufe, eine rutschige Wurzel auf einem Wanderweg oder auch ein unachtsamer Moment in der Küche: Sei es beim Sport, der Freizeit oder im Haushalt, oft geht es schnell und schon ist ein Unfall passiert. Bereits kleine Unachtsamkeiten können weitreichende Folgen haben. Die Gefahren werden oft unterschätzt. Das beste Mittel, um Unfälle zu vermeiden, ist Prävention und Bewusstseinsbildung – genau hier setzt der Verein Sicheres Tirol an.
Mit der vorliegenden Studie wird einmal mehr genau analysiert, wie, wo und wann Unfälle im Haushalt, beim Sport oder in der Freizeit passieren. Diese Erkenntnisse bieten die Grundlage, um aktuelle Entwicklungen abschätzen zu können und zu erkennen, in welchen Bereichen wir noch genauer hinschauen müssen. Erst dann kann die Präventionsarbeit und Bewusstseinsbildung ideal auf die realen Problemstellungen abgestimmt werden.
Statement Karl Mark
Präsident des Vereins Sicheres Tirol
Seit 1999 widmet sich der Verein Sicheres Tirol der Gefahrenprävention. Nun hat der Verein seine Studie aus dem Jahr 2018 zu Sport-, Freizeit- und Haushaltsunfällen in Tirol aktualisiert und neu aufgelegt. Diese Studie zeigt, dass Aspekte wie verändertes Freizeitverhalten, steigende Lebenserwartung und Trendsportarten wie E-Biken die Unfallstatistik beeinflussen. Je früher solche Entwicklungen erkannt werden, desto schneller können effektive Maßnahmen zur Unfallprävention erarbeitet und umgesetzt werden.
Unfallvermeidung beginnt schon bei der Beseitigung von „Stolperfallen“. Mehr als die Hälfte aller Haushalts- und Freizeitunfälle passieren durch Ausrutschen und Stolpern. Oft sind es „lächerliche“ Ursachen, welche großes menschliches Leid verursachen.
Nahezu 75% aller Unfälle (60.000) in Tirol, welche in einem Krankenhaus ambulant oder stationär behandelt werden müssen, sind Sport-, Freizeit- und Haushaltsunfälle, also keine Verkehrs- oder Arbeitsunfälle.
Die Prognosen der Unfallzahlenentwicklung zeigen aufgrund der demografischen Entwicklung und des geänderten Freizeitverhaltens eine steigende Kurve nach oben: Hier müssen wir den „Hebel“ ansetzen und durch Bewusstseinsbildung und Informationsvermittlung vermehrt tätig werden. Kontrollen, strenge Normierungen etc. können in diesen Bereichen nicht greifen, wie es z. B. im Verkehr und bei der Arbeit der Fall ist.
Die aktuelle Studie zu den Sport-, Freizeit- und Haushaltsunfällen in Tirol zeigt – einmalig in Österreich – eine zusammenfassende Darstellung der statistischen Daten für ein Bundesland und weist gleichzeitig auf das Wesentliche hin: Wege zur Prävention und Unfallvermeidung. Gemeinsam mit bewährten Partnern in der Unfallvermeidung setzen wir uns zum Ziel, diese prognostizierte steigende Kurve nach oben zu stoppen – nach dem Motto: „Jeder Unfall ist einer zu viel“.